Nur im Sinne
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Hannes Hofbauer: Kritik der Migration. Wer profitiert und wer verliert. Promedia Verlag. Wien 2018. broschiert, 272 Seiten, 19.90 Euro |
So sei mit Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für Osteuropäer der Reallohn von 1992 bis 2016 nicht gestiegen - bei deutlich anziehenden Lebenskosten. In der Fleischbranche sank der Stundenlohn - dank der von Unternehmenslobbyisten über Brüssel durchgesetzten Arbeitnehmerfreizügigkeit, dank Entsenderichtlinie und transeuropäischer Leiharbeit - von 70 auf 3 Euro. Auch bei den Sozialabgaben sparten die Unternehmer - zu Lasten der Allgemeinheit. Zudem trügen Migranten dazu bei. über den Schwarzmarkt den Mindestlohn auszuhebeln. Denn auch der Mindestlohn nützt nichts, wenn der Job schwarz erledigt wird. Gleichzeitig fragmentiere die Konkurrenz die Arbeiterschaft in In- und Ausländer.
Für die promigrantische Haltung des DGB hat Hofbauer daher nur Spott: „Wenn Gewerkschafter Einwanderung als erfreuliches Phänomen wahrnehmen, dann haben sie entweder die Klassenseite gewechselt oder sich im Dickicht des Begriffswirrwarrs verirrt, in dem Solidarität zu einem undefinierbaren Bekenntnis verkommen ist. Denn Solidarität setzt Kollektivität und Gleichheit voraus. Bei Lohndifferenzen von acht zu eins fällt Solidarität weder bei bulgarischen noch deutschen Arbeitnehmern auf fruchtbaren Boden. Und bei völlig unterschiedlichen Lebenswelten wie von afghanischen Flüchtlingen und mitteleuropäischen Haushalten bleibt jenseits des gegenseitigen Exotismus kein Platz für solidarisches Miteinander." Aber auch für die abgebenden Länder ist Migration ein Verlustgeschäft. Laut IWF läge das Bruttoinlandsprodukt der osteuropäischen Staaten ohne die Migration nach 1989 um sieben Prozent höher. Denn mit der Auswanderung zerbrechen regionale und familiäre Strukturen, gehen Fachwissen und Fähigkeiten verloren.
Hofbauer nennt viele Beispiele aus Polen. Portugal. Griechenland und den baltischen Staaten. In rumänischen Dörfern fehle saisonal die gesamte arbeitsfähige Bevölkerung. Kinder wüchsen ohne ihre Eltern auf, die sich in Spanien, Italien oder Deutschland verdingten. Die Gesundheitsversorgung sei zusammengebrochen. Zu Recht klage ein Beamter: „Europa hat uns zerstört." Doch für die neoliberalen Migrationsfreunde von EU, IWF und Weltbank ist auch das kein Problem»: Sie setzten eine Liberalisierung des rumänischen Arbeitsmarktes durch. Während tausende Rumänen im Westen arbeiten, schuften nun philippinische Näherinnen in Rumäniens Textilindustrie. Massenmigration bedeute, so Hofbauer, fast immer Ausbeutung und Lohndumping. Wer das stoppen wolle, müsse Migration bekämpfen - und über das frei flottierende, von den Zentralbanken geschaffene Billionenkapital nachdenken, das nach Anlagemöglichkeiten suche. Hier und in der Betrachtung des Menschen als ausschließlich mobiler Kostenfaktor liege der wahre Motor der Migration.
Das aber sei der Linken völlig aus dem Blick geraten. Statt Massenmigration als Zeichen der auch freihandelsbedingten Verelendung der Heimatländer zu sehen, deklariere sie sie als „Weltoffenheit“. Das sei ihr Trostpreis. „Nach ihrer kompletten Niederlage in der wirtschaftlichen Arena darf die Linke nun die dominante gesellschaftliche Doktrin definieren, die auf den Konzepten Multikulturalismus, Sorge um Minderheiten und Antirassismus basiert.“ So ergänzten sich Neoliberalismus und Migrationshype. Auch für deren naive Befürworter hat Hofbauer noch ein paar unfreundliche Worte: Ihre Willkommenskultur sei nicht mehr als der „menschenrechtlich argumentierende Flankenschutz für globale Ausbeutungsstrukturen".