Atomausstieg: Kernschmelze der Vernunft

Von Paul Pfundt auf aufruhrgebiet.de

Am 15. April 2023 wurden die letzten 3 Kernkraftwerke (KKW) in Deutschland vom Netz genommen. Damit sind die Grünen und die Atomkraftgegner am Ziel ihrer Wünsche angelangt. Doch ihr Jubel wird kaum geteilt. In den Medien häufen sich plötzlich Beiträge, die den Atomausstieg kritisch sehen oder ihn gar ablehnen, auf die Vorteile der Kernkraft verweisen und feststellen, dass der Rest der Welt in Sachen Kernenergie völlig anders tickt. Diese Positionen der Medien sind deshalb bemer­kens­wert, weil sie jahrzehntelang die Kernkraft verteufelt haben. Das zeigt, dass die „Mainstream-Medien“ als seriöse Informationsquellen nicht ernst genommen werden können und nur mit großer Skepsis betrachtet werden sollten. Die geänderte Position der Medien spiegelt die Wandlung der „öffent­li­chen Meinung“ wider. Gab es über Jahrzehnte in Deutschland (jedoch nie international) eine klare Mehrheit gegen die Kernkraft, halten inzwischen 70% der Deutschen den Atomausstieg für falsch. Grund für diese Meinungsänderung ist jedoch weniger eine positive Grundhaltung zur Kerntechnik an sich, als die Sorge um die zuverlässige Stromversorgung, die durch die Energiewende (EW) und die Ukrainepolitik der Ampelregierung in Gefahr unterminiert wird.

Ein kurzer Rückblick

Die ersten Forschungskernreaktoren gingen in der BRD und in der DDR 1957 in Betrieb. Das erste kommerzielle KKW war ab Juni 1961 am Netz. Noch 2004 erzeugten die deutschen AKW 32,1% des Stroms. Es gab keinen einzigen ernsthaften Unfall. Die deutschen KKW waren hinsichtlich Effizienz und Sicherheit Weltspitze. Im internationalen Vergleich rangieren 6 deutsche Reaktoren unter den 10 größten KKW. Angesichts dessen ist es einfach absurd, die deutschen KKW abzubauen, um dann Atomstrom aus schlechteren KKW im Ausland zu beziehen.

Die BRD war in den 1970ern mit ihren Leichtwasserreaktoren, Schnellen Brütern und Tho­ri­um­re­ak­to­ren Weltspitze. Mit dem Atomausstieg wurden ganze Industriezweige und ingenieurtechnische Kompetenzen zerstört und der deutschen Industrie ein riesiger Schaden zugefügt.

Wir teilen zwar nicht den Klimaalarmismus und die Verteufelung von CO₂, doch selbst wenn man diese Thesen als richtig unterstellt, wird man zugeben müssen, dass wir den „Klimazielen“ ohne Atomausstieg deutlich näher wären als jetzt.

Klimaalarmismus als Teil des reaktionären Umbaus der Gesellschaft

Der Ex-Chef des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Schellnhuber, sprach oft aus, was Klimaschutz für die Gesellschaft bedeutet. In einem ARD-Interview forderte er z.B. die Einführung einer „individuellen CO₂-Grenze“ von 3 Tonnen CO₂ pro Jahr. Der Durchschnitt eines Bundesbürgers liegt derzeit bei 11 Tonnen. Schellnhubers Grenze bedeutet also massive Wohlstandsvernichtung. Individuelle Mobilität ist dann genauso wenig möglich wie Fliegen. Beim Heizen und beim Strom­ver­brauch muss stark gespart werden. Selbst dann aber hätte eine Durchschnittsfamilie, die weitgehend auf PKW-Fahrten und Urlaube verzichtet, noch einen CO₂-Ausstoß von 7 Tonnen, v.a. für Heizung. Die Klimaschutz-Agenda würde dazu führen, dass viele Errungenschaften der Lohn­ab­hän­gi­gen wie die Benutzung von PKW, elektrischen Geräten, Urlaubsreisen, eine gute Wohnung usw. unmöglich würden. Dazu kommt, dass die Mehrheit der wachsenden Weltbevölkerung mangels Energie weiter in Armut leben müsste – all diese Einschränkungen beträfen natürlich nicht die Oberschicht, die so weitermacht wie bisher, aber eine Emissionsabgabe zahlt.

Besonders absurd ist die ganze Sache dadurch, dass CO₂ überhaupt kein relevanter Faktor für das Klima darstellt und dessen radikale Einsparung auf Null also gar nicht notwendig ist. Und selbst wenn das der Fall wäre, müsste man umso mehr auf die CO₂-freie Kernkraft setzen.

Die deutsche Stromversorgung war mindestens bis zum Beginn der EW die beste der Welt, was Zuverlässigkeit und technische Effizienz anbelangt. Auch der Strompreis war für Wirtschaft wie Pri­vat­kun­den moderat. Dafür sorgte u.a. die staatliche Regulierung des Stromsektors. Alle Kom­po­nen­ten des Stromsystems (Investitionen, Markthandeln, Preise, Netze usw.) waren unter staatlicher Kon­trolle. Was ist nun das Ergebnis von über 3 Jahrzehnten EW? 1. Die von den Grünen getriebene Politik hat die technischen Grundlagen der Versorgungssicherheit unterminiert. 2. wurden durch neo­li­be­rale Reformen die Planbarkeit, die staatliche Aufsicht (als degenerierte Form gesell­schaft­li­cher Kontrolle) des Stromsektors tw. abgeschafft. 3. hat Deutschland heute die höchsten Strompreise der Welt – mitunter doppelt oder dreifach höher als in anderen Industrieländern. Dieser Trend setzt sich ungebrochen fort. Trotz aller Beteuerungen der Grünen müssen die „Erneuerbaren“ nämlich nach wie vor massiv subventioniert werden, ihr Ausbau führt nicht zu einer Verbilligung, sondern zur Verteuerung des Stroms. 4. wurden bisher etwa 500-600 Mrd. Euro für die EW ausgegeben, ohne dass die Klimaziele erreicht wären. Zudem sind zwei Hauptprobleme der EW, der Netzausbau und v.a. die Schaffung von ausreichenden Speicherkapazitäten, nach wie vor ungelöst.

Hätte man auf den Atomausstieg verzichtet oder ihn wenigstens verschoben und parallel dazu die Kohlekraftwerke modernisiert, wodurch sie bei gleicher Produktion ca. 20% weniger Emissionen aller Art erzeugen würden, hätten wir mit weitaus weniger Geld ein deutlich besseres, billigeres (und wer darauf Wert legt) klimafreundlicheres Stromsystem. So aber bewirkte die vorgeblich „grüne“ Klimapolitik genau das Gegenteil und unterminiert ihre eigenen Ziele.

Atomausstieg: Einstieg ins energetische Chaos?

Die letzten 3 KKW lieferten noch etwa 6% des Stroms. Das ist an sich nicht viel und kann durchaus ersetzt werden. Das Problem ist nur, dass dieser Ersatz mangels Alternativen v.a. durch Kohle­kraft­werke erzeugt wird. So konterkariert der Atomausstieg absurderweise gerade das Ziel der EW: die Reduktion von CO₂. Noch absurder ist der Atomausstieg dadurch, dass zunehmend Atomstrom und Strom aus alten und schmutzigen Kohlekraftwerken der Nachbarländer importiert werden muss. Die deutschen Kohlekraftwerke sind nicht nur viel sauberer als früher, sondern auch als die etwa in Polen. Der Atomausstieg führt als nicht zu mehr sauberem und sicherem Strom, sondern zum geraden Gegenteil und dazu, dass Deutschland noch abhängiger von Stromimporten wird. Dabei war die energetische Unabhängigkeit Deutschlands ein zentrales Ziel der EW.

All diese vermeidbaren und hausgemachten Probleme stellen das Land noch nicht vor unlösbare Energieprobleme. Dramatisch wird die Lage erst dadurch, dass es momentan überwiegend nur Kohlekraftwerke als zuverlässige inländische Stromerzeuger gibt. Der Zubau der „Erneuerbaren“ und der (nur dafür notwendigen) Netz- und Speicherinfrastruktur und von Gaskraftwerken dauert viel zu lange (von den Kosten, dem Ressourcenverbrauch u.a. Auswirkungen abgesehen). Am Ziel des Kohle­aus­stiegs wird festgehalten und damit ca. 35% der Stromerzeugung vernichtet – während parallel dazu der Stromverbrauch durch mehr E-Autos, Wärmepumpen, Wasserstofferzeugung u.a. Maß­nah­men ansteigt.

Wir stehen also vor dem Problem, dass steigender Stromverbrauch schwindenden Erzeu­ger­ka­pa­zi­tä­ten gegenüber steht. Doch auch verstärkter Stromimport kann die enormen Bedarfslücken, die dadurch entstehen, nicht ausgleichen – dafür ist der deutsche Verbrauch viel zu hoch. Es ist also nicht über­tri­eben, wenn Energieexperten (wirkliche Fachleute und nicht selbsternannte „grüne“ Pro­pa­gan­di­sten) vor Blackouts oder Brownouts (Teilabschaltungen) warnen. Angesichts dessen, dass Strom die Grundlage aller wirtschaftlichen und sozialen Vorgänge ist, ist Strommangel eine exi­sten­zi­elle Gefahr für das Land. Allein schon der Umstand, dass in Deutschland der Strom im Zuge der EW immer teurer geworden ist und wir inzwischen den höchsten Strompreis der Welt haben, führt dazu, dass Unternehmen (und damit Arbeitsplätze) abwandern, große Investitionen nicht mehr hier erfolgen, sondern woanders, weil dort Strom günstiger ist. Viele Firmen, v.a. im Mittelstand und im Handwerk, sowie Unternehmen mit einem hohen Energiekostenanteil (Chemie, Stahl, Zement, Aluminium, Glas, Papier u.a.), aber auch die Bevölkerung spüren die höheren Energiepreise und die Inflation.

Die Politik der Grünen und der ihnen mehr oder weniger folgenden anderen Parteien (mit Ausnahme der AfD) führt zur Ruinierung dieses Landes und zur zunehmenden Verarmung immer größerer Teile der Bevölkerung.

Die Pläne des grünen Wirtschaftsministers Habeck zum Umstieg auf Wärmepumpen zeigt, dass diese Partei für ihre Ideologie vor keiner Dummheit, vor keiner sozialen Grausamkeit und keinem politischen Verbrechen (Aufrüstung, Ukrainekrieg) zurückschreckt. Während sie hier die KKW abschalten, sollen die in der Ukraine weiterlaufen, „weil die ja schon gebaut sind“, wie Herr Habeck in seiner gewohnt dumm-frechen Art betonte.

Die Energiewende als Zerstörung des Energiesystems

Ohne Strom aus Kohle und Kernkraft ist die Absicherung der Grundlast nicht gewährleistet. Grundlast ist die Strommenge, die immer zur Verfügung stehen muss. Vielen Menschen ist – Dank des Unsinns, der in den Medien zur EW verbreitet wird – nicht klar, wie das Stromsystem funktioniert. In den meisten Beiträgen werden die technischen Parameter von Energieerzeugungsanlagen und des Stromsystems verschleiert und die wirklichen Kosten und ökonomischen Aufwendungen ver­schwie­gen; oft genug wir einfach gelogen – bewusst oder aus Unkenntnis. Zwei Beispiele: Bei der Strom­pro­duk­tion von Windrädern wird fast immer von der installierten (theoretischen) Nennleistung ausgegangen, aber nicht von der um ca. 75-80% niedrigeren realen Einspeiseleistung. Oder: Bei den meist angegebenen Gesamtstrommengen, z.B. der „Erneuerbaren“ wird das Problem ausgeblendet, dass bei Dunkelflauten (kein Wind, keine Sonne), die häufig vorkommen, sowie im Winter, wenn fast kein Solarstrom erzeugt wird, „erneuerbarer“ Strom fehlt, es aber nicht annähernd genug Speicher gibt, um diese Lücke zu schließen. Niemand verbraucht Durchschnittsstrommengen. Zudem sind Speichertechniken die teuersten Elemente der Energiewende. Verschwiegen wird auch, dass alle Arten, mit Strom umzugehen (Transport, Umwandlung, Speicherung) physikalisch gesehen Arbeit darstellen, also Energie verbraucht wird („verloren“ geht). Je mehr wir Strom umformen, trans­por­tie­ren (Netzausbau) und speichern, desto mehr Strom muss erzeugt werden, um die Verluste auszugleichen.

Das „grüne“ Milieu geht von der These aus, dass die Kernenergie verzichtbar wäre, weil sie durch die „Erneuerbaren“ ersetzt werden könnte. Doch deren Zubau erfolgt viel zu langsam, immer mehr vorhandene Windräder z.B. müssen ersetzt werden, weil sie das Ende der Laufzeit, das unter 20 Jahren liegt, erreicht haben. Die EW-Befürworter können froh sein, wenn es wenigstens gelingt, nur diese Ausfälle auszugleichen. Es hapert am Netzausbau und v.a. an Speichern, um die „Erneuerbaren“ überhaupt sinnvoll ins System integrieren zu können. Ohne ausreichende Speicher ist es gar nicht möglich, aus der Kohleverstromung auszusteigen. Immer dann, wenn Sonne und Wind ausfallen, müssten Kohle- oder (die noch fehlenden) Gaskraftwerke einspringen. Doch Gaskraftwerke pro­du­zie­ren enorm teuer. Das hat sich durch den absichtlichen Verzicht auf das billige russische Gas als Problem noch verstärkt. Zudem emittieren auch sie CO₂. Kohle- und Gaskraftwerke werden v.a. als Lückenbüßer, freundlicher ausgedrückt, als Reservekraftwerke, laufen, was unökonomisch, teuer und auch unsauberer ist.

Anstatt den Ausstieg aus der Kernenergie zu bejubeln, sollte er Anlass für Trauer sein, denn er bedeutet:

  • die Vernichtung von Anlagekapital im Umfang von mehreren Dutzend bis zu hundert Milliarden Euro;
  • zusätzliche Milliardenkosten durch den weder technisch noch aus Sicherheitsgründen notwendigen kompletten Rückbau;
  • Unterminierung des Stromsystems, v.a. der Grundlastsicherung;
  • Verteuerung des Stroms, weil Strom aus bestehenden KKW am billigsten produziert wird – auch wenn man die Folgekosten („Endlagerung“) einrechnet;
  • dass die weltweit effizientesten und sichersten KKW abgeschaltet werden und dafür Atomstrom aus schlechteren Anlagen im Ausland eingekauft wird;
  • dass die Emissionen (nicht nur CO₂ ) zunehmen;
  • dass ein Hochtechnologiebereich inkl. Forschung, Entwicklung, Ausbildung von Fachleuten usw. abgewickelt wird;
  • dass Deutschland einen wichtigen Wirtschaftszweig (und Arbeitsplätze) verliert, wo man früher das Weltniveau mitbestimmt hat.

In der energiepolitisch aktuell schwierigen Lage wäre es zumindest sinnvoll gewesen, die letzten 3 KKW noch einige Zeit weiterlaufen zu lassen, um mehr Spielraum zu haben und Ver­sor­gungs­pro­bleme zu vermeiden. Doch die Grünen sind in ihrer weltfremden ideologischen Verblendung rationalen Argumenten nicht mehr zugänglich. Da sich immer deutlicher zeigt, dass ihre gesamte Politik – von der EW über das Gendern bis hin zum Ukrainekrieg – dieses Land ins Desaster steuert, brauchen Habeck und Co. wenigstens eine Erfolgsmeldung: den Atomausstieg. Sie lassen sich auch nicht dadurch abbringen, dass etwa der Weltklimarat IPCC sich für die Kernenergie ausspricht, dass fast alle anderen Länder nicht nur den deutschen Weg nicht mitgehen, sondern massiv in den Bau neuer KKW und in die Forschung investieren. Deutschland ist ein energiepolitischer Geisterfahrer.

Perspektiven

Welch großartigen Aussichten die neuen Kerntechniken bieten, zeigt das Beispiel des Dual-Fluid-Reaktors (DFR), der als erster Reaktor der 5. Generation gilt. Er ist ein Schneller Brüter, der aber keine festen Brennstäbe braucht, weil die Kettenreaktion in einer Salzlösung stattfindet. Die Wärme wird dann von einer anderen Flüssigkeit abgeführt. Wichtig ist v.a., dass der DFR inhärent sicher ist, d.h. ein Gau ist technisch-konstruktiv unmöglich. Wird der Betrieb gestört, unterbricht der Prozess automatisch. Der DFR kann auch mit sehr hohen Temperaturen betrieben werden und so Pro­zess­wärme und synthetische Kraftstoffe für CO₂-freie Verbrennermotoren erzeugen. Der DFR arbeitet weit effizienter als andere Reaktortypen. Er hat einen „Erntefaktor“ (der Grad der Energie“­aus­nut­zung“) von 5.000 – im Vergleich dazu erreicht ein Leichtwasserreaktor nur maximal 100 (weitere Infos zum DFR: https://www.youtube.com/watch?v=nG8Q5BXvIZI)

Während die Medien täglich über Windräder, Biogasanlagen usw. schwadronieren, wird vom DFR nicht berichtet. Die Atomgegner interessieren sich für technologische Innovationen sowieso nicht, weil diese ihr narratives Anti-Atom-Dogma zerstören würden. Das DFR-Projekt wurde zwar von deutschen Technikern entwickelt – der deutsche Staat gibt dafür aber keinen Cent aus. Wenn das anders wäre, könnte der DFR vielleicht schon heute laufen, anstatt erst in einigen Jahren. Der DFR – wie die gesamte Kerntechnik – ist ein prägnantes Beispiel dafür, dass der Kapitalismus die Entwicklung und sinnvolle Verwendung der Produktivkräfte behindert oder sie in Destruktivkräfte verwandelt.

Argumente gegen die Kernenergie

Bei den Kernkraftgegnern kann von Argumenten oft nicht die Rede sein, weil es meist um Vorurteile und Ideologie geht und nicht um Fakten und um Naturwissenschaft. Schauen wir uns trotzdem einige ihrer Argumente an.

Eine der Hauptthesen gegen die Kernkraft sind die 3 großen Supergaus: Three Miles Island, Tschernobyl und Fukushima. V.a. die letzten beiden Unfälle gelten als Beweis dafür, dass die Kernkraft nicht beherrschbar sei und zu unabsehbaren Schäden, v.a. zur radioaktiven Verseuchung weiter Gebiete führen würde, die auf ewig unbewohnbar wären. Diese von den Großmedien auch heute noch penetrant wiederholten Behauptungen entbehren aber jeder Grundlage und widersprechen der Realität.

Zunächst waren die Unfälle in Tschernobyl und Fukushima nicht unvermeidbar, sondern nur deshalb überhaupt möglich, weil Bau, Betrieb und Überwachung dieser KKW von sträflichem Leichtsinn begleitet waren. Eine effektive Kontrolle dieser Anlagen durch demokratisch legitimierte Organe anstatt durch Gremien, die von den Betreibern und vom Staat gestellt wurden und deren Profitinteressen verpflichtet sind, hätte diese Unfälle verhindert. Die Atomgegner aber kritisieren nicht den Zugriff von Kapital und Staat auf die Kernenergie, sondern verteufeln die Technik (und auch nicht etwa spezielle Techniken oder den aktuellen Stand der Kerntechnik). Sie lehnen die Kernkraft generell, also auch künftige Weiterentwicklungen ab. Hier zeigt sich die „grüne“ Technik- und Fortschrittsfeindlichkeit sehr deutlich. Dass sich Produktivkräfte verändern, wird ausgeblendet. Gerade nach Tschernobyl gab es viele technische Innovationen und Verbesserungen, die auch praktisch umgesetzt wurden. Das wird einfach ignoriert. Auch die Tatsache, dass die neuen KKW-Generationen III und IV, die schon heute im Einsatz sind, fast alle realen oder behaupteten Probleme der Kernenergienutzung überwunden haben, wird ausgeblendet. Realitätverweigerung als Methode „grünen“ Denkens – zumindest in Deutschland.

Es wird behauptet, dass durch Unfälle große Gebiete auf immer radioaktiv verseucht würden. Dabei leben in Tschernobyl und Fukushima Menschen, Tiere und Pflanzen und erfreuen sich guter Gesund­heit. Tschernobyl wird regelmäßig von Touristen besucht. In Fukushima gab es überhaupt keine Toten durch Strahlung. Die Toten, ca. 150, die es dort gab, sind nicht an Strahlung gestorben. Sie sind die Folge einer überhasteten, chaotischen Evakuierung vieler Alter und Schwerkranker, die den Stress und die ausfallende Versorgung nicht überlebt haben. Nicht die Strahlung, sondern die absurd überzogene Strahlenangst hat hier Opfer gefordert. In Tschernobyl hingegen gab es tatsächlich viele Tote und Erkrankte durch hohe Dosen radioaktiver Strahlung. Viele Fälle, v.a. bei den Liquidatoren, hätten aber verhindert werden können, wenn das Krisenmanagement besser gewesen wäre. Unfälle wie in Tschernobyl oder Fukushima sind aufgrund anderer Umstände (andere technische Bauart der deutschen KKW) bzw. anderer Umweltbedingungen (keine Tsunamis) in Deutschland so gar nicht möglich.

Natürlich ist Radioaktivität gefährlich, aber nur, wenn sie in hohen Dosierungen auftritt. Geringe Mengen können hingegen sogar gesundheitsfördernd wirken, wie sehr viele Studien oder die Nuklearmedizin zeigen. Die von Politik und Medien v.a. in Deutschland geschürte Strahlenangst ist absurd, wissenschaftlich nicht haltbar, blockiert die Nutzung positiver Effekte von Radioaktivität und verschlingt enorme Mittel, die woanders sinnvoll eingesetzt werden könnten.

Anstatt die sozialen und technischen Ursachen der Unfälle konkret zu analysieren, wird eine emotional aufgeheizte Atmosphäre erzeugt und Angst verbreitet. In Wahrheit ist die Kernenergie erwiesenermaßen die Energietechnik, die – sogar bei Einrechnung der Unfälle – die wenigsten Opfer und Umweltschäden hervorruft, die wenigsten Ressourcen verbraucht und die größten Lei­stungs­re­ser­ven hat.

Im Erzgebirge, wo bis 1990 Uran gefördert wurde, kann man sich ansehen, wie die „auf ewig verstrahlten“ Abraumhalden renaturiert worden sind. Es leben dort gesunde Menschen.

Die Endlagerung

Ein weiteres zentrales Argument für den Atomausstieg ist das „Endlagerproblem“. In Deutschland fielen bis 1997 (vor dem Atomausstieg) nur ca. 600 Tonnen hoch radioaktive Abfälle an. Im Unter­schied zu radioaktiven Abfällen, die relativ gut handhabbar sind und deren Gefährlichkeit abnimmt (Halbwertzeit), behalten andere Abfälle zum großen Teil ihre Gefährlichkeit (Giftigkeit) ewig bei. Das Problem der Entsorgung radioaktiver Stoffe wird weit über dessen reale Dimension hinaus künstlich hochgespielt. Zugleich wurde durch die Grünen jede Form von Aufarbeitung und Wiedernutzung radioaktiver Abfälle verhindert und somit auch eine Reduktion der „Endlagerung“ blockiert.

Die „Endlagerdebatte“ wird von völlig falschen Prämissen bestimmt. 1. werden die radioaktiven Rest­pro­dukte nicht als Rohstoff, sondern als Müll angesehen. Daraus folgt die weitgehende Missachtung der Möglichkeiten der Wiederverwendung. 2. wird die Endlagerung bzw. deren Dauer nur mit den Halbwertzeiten radioaktiver Isotope in Verbindung gebracht. Der entscheidende Zusammenhang ist aber ein anderer. Die „End“lagerung muss nur solange und insoweit erfolgen, bis die umfängliche tech­ni­sche Wiedernutzung der Reststoffe möglich ist. Nicht die Halbwertzeit, sondern der Stand der Technik ist der maßgebliche Faktor. Hier geht es um Jahre oder Jahrzehnte, nicht um Jahrtausende. Schon heute wird „Atommüll“ als Brennstoff wiederverwendet. 3. wird suggeriert, dass die End­la­ge­rung nicht sicher wäre. Doch das technische Knowhow erlaubt heute eine so sichere Lagerung, dass nach menschlichem Ermessen keine Schädigungen auftreten können. Selbst im Fall, dass Radio­ak­ti­vi­tät freigesetzt würde, träte aber keine Katastrophe ein, wie immer behauptet wird. Es gab früher bereits Leckagen, eine reale Kontamination gab es nicht, die Strahlendosen waren viel zu gering.

Die Kosten

Es ist weltweit (außer von den deutschen Grünen) anerkannt, dass Atomstrom sehr günstig ist. Wenn Atomgegner behaupten, dass die „Erneuerbaren“ billiger wären, so ist das eine Lüge. Die wahren (Gesamt)Kosten der „Erneuerbaren“ werden von ihnen verschleiert, z.B. dadurch, dass viele Kosten nicht berücksichtigt werden. Dazu zählen etwa die Kosten für den Ausbau von Netzen, Speichern und einem Backup-System, die ohne EW gar nicht nötig wären. Dazu zählt das Verschweigen der relativ kurzen Laufzeiten von Wind- und Solaranlagen, was zu ständigen Ersatzinvestitionen führt, und das Verschweigen der großen Differenz zwischen installierter (theoretischer) Nennleistung und realer Einspeisemenge. Dazu zählt auch die anhaltende Subventionierung der „Erneuerbaren“.

Dass der Neubau von KKW mitunter sehr teuer ist, stimmt zwar, doch wird auch hier ein völlig falsches Gesamtbild gezeichnet. 1. handelt es sich meist um technisch neuartige und bessere Anlagen, die zu Beginn ihrer Einführung (wie bei fast jeder anderen Technologie auch) relativ teuer sind, dann aber schnell billiger wird (Skaleneffekt). 2. zeigt der Bau von KKW durch Russland oder China, dass der Bau neuer Anlagen auch viel billiger und unter Einhaltung der Zeitplanung erfolgen kann. Dass das in Europa oft nicht so ist, liegt z.T. an den vielen absurden Auflagen, die v.a. von den Grünen lanciert werden. Dazu kommt, dass durch den deutschen Atomausstieg bewährte Pro­duk­tions­part­ner­schaf­ten beim KKW-Bau nicht mehr existieren und neue noch nicht so gut funktionieren. Gerade die (deutschen) Grünen, die den KKW-Bau verteuern und verkomplizieren, mokieren sich nun über die Folgen ihrer Politik.

Die neuen Kerntechniken zeigen schon jetzt deutlich, dass die Kernenergie schon heute oder in naher Zukunft nicht nur viel sicherer (tw. sogar inhärent sicher), rationeller und billiger (z.B. durch Serien­fer­ti­gung in der Fabrik) sein wird. Während die deutschen Grünen den Abgesang auf die Kern­kraft anstimmen, hat das Atomzeitalter erst jetzt richtig begonnen.

Diese u.a. (hier nicht aufgeführte) Argumente erweisen sich entweder als völlig übertrieben oder überhaupt als falsch. Die Kernkraft ist keine unbeherrschbare Monstertechnologie, sondern eine historisch erst am Anfang stehende Technologie, die – wie bei jeder anderen Technik auch – im Laufe der Zeit verbessert wird und ihre „Kinderkrankheiten“ überwindet. Nur die Kern­tec­hnik – Kern­spal­tung und Kernfusion – sind in der Lage, die Energieversorgung der Menschheit zu sichern – und das auf Ressourcen schonende, ökologisch sanfte und kostengünstige Weise. Wind, Sonne u.a. „Erneuerbare Energien“ sind dazu insgesamt ungeeignet. Die Nutzung von Kohle, Öl und Gas als fossile Energiequellen ist nicht endlos möglich und stellt eine Brückentechnologie dar, die aber noch für Jahrzehnte notwendig ist, aber nach und nach (!) ersetzt werden muss.

Wenn Deutschland seinen Strombedarf nur durch „Erneuerbare“ decken soll, müsste dazu z.B. die Zahl der Windräder von derzeit 30.000 auf mindestens 400.000 erhöht werden. Ein modernes 4-5 MW-Windrad (Nennleistung) kostet 5-6 Mill. Euro. Das ergibt Gesamtkosten von 2.000 Milliarden Euro! Windräder haben eine Laufzeit von knapp 20 Jahren, d.h. danach muss diese Summe erneut ausgegeben werden. Ist es Wahnsinn, hat es doch Methode. Diese besteht darin, die Konjunktur anzukurbeln – auf Kosten der Bevölkerung, zum Nutzen der „grünen“ Kapitalisten.

Die Anti-Atombewegung und die Linke

Ein besonders trauriges Kapitel ist die Atompolitik der Linken bzw. des links-grünen Milieus. Die Anti-Atom-Bewegung, am Anfang v.a. Greenpeace, richtete sich gegen Atomwaffen und Kern­waf­fen­tests. Ihr Bemühen war durchaus erfolgreich, ihre Ideologie hatte Elemente einer antikapitalistischen und antiimperialistischen Ausrichtung. Schon bald aber wurden Greenpeace u.a. Umwelt-NGOs von Staat und Kapital „umarmt“ und in das System eingebunden. V.a. mittels der bürgerlich-refor­mi­sti­schen Ideologie des Club of Rome wurde der „grünen“ Bewegung bald jeder Anflug von Systemkritik ausgetrieben – sie wurde immer mehr zu moderner Maschinenstürmerei, orientierte sich auf klein­tei­lige Reformen, auf das Gürtel-enger-schnallen usw., vornehmlich im Bereich der Umwelt. Ihr Partner waren nicht mehr bzw. waren noch nie die Arbeiterklasse und die Arbeiterbewegung, sondern der Staat, die Politik, die Medien und bestimmte „grüne“ Fraktionen des Kapitals. Anstatt der revolutionären Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise ging es nun um die Über­win­dung der „Industriegesellschaft.“ Heute bekämpft man nicht mehr die Bourgeoisie, sondern das CO₂.

Aufgrund der tiefen Degeneration der Linken und der Arbeiterbewegung durch den jahrzehntelangen Einfluss der Sozialdemokratie und des Stalinismus erkannte die Linke die wachsende Bedeutung der ökologischen Frage nicht bzw. zu spät, so dass bürgerliche Kräfte dieses Feld besetzten. Die Linke war weitgehend nicht in der Lage, die naturwissenschaftlich unseriösen und gesellschaftspolitisch gese­hen reaktionär-utopischen „grünen“ Konzepte zu kritisieren und eine proletarisch-anti­ka­pi­ta­li­sti­sche Konzeption dagegen zu setzen. Ein Großteil der „Roten“, v.a. in Deutschland, wurde „grün“.

Immer mehr zeigt sich, dass die „grüne“ Bewegung insgesamt a) eine Bewegung ist, die sich auf die Mittelschichten stützt, vom Großkapital finanziert und protegiert wird und für wichtige Fraktionen der Bourgeoisie als nützliche Idioten zur Realisierung von Extraprofiten und Kon­junk­tur­pro­gram­men wie der EW missbraucht wird. Das Gros der Linken – ob „radikal“ oder reformistisch – unter­stützt mehr oder weniger die „Klimaschutz“-Agenda der Grünen. Da der Klimaschutz (davon abge­se­hen, dass er ein abstruser Unfug ist) zu massiven Einschnitten und Belastungen für die Mehrheit der Bevölkerung führt, wird dessen Intention zwar von vielen Menschen geteilt, was angesichts der massiven medialen Indoktrinierung auch nicht verwundert, doch sie sind kein aktiver Teil der Klimabewegung, ja sie stellen sich zunehmend kritisch oder gar gegen die „grüne“ Politik. Die grün gefärbte „Linke“ vertritt objektiv reaktionäre Positionen und steht in dieser Frage auf der falschen Seite Barrikade. Kein Wunder, dass sie gegenüber den Grünen v.a in der Jugend immer mehr an Boden verliert und von den Lohnabhängigen ignoriert oder gar als Gegner angesehen wird.

Ein Blick auf die Publikationen der linken Szene offenbart ein erschreckendes Ausmaß an völliger Unkenntnis über das Thema „Klima“. Es gibt keine Analysen, es regiert komplette Ahnungslosigkeit über den Diskussions- und Forschungsstand der Klimawissenschaft. Noch nicht einmal zu einer nachvollziehbaren Begründung der eignen Positionen reicht es. Es gibt keine noch so primitive Behaup­tung von Klimaalarmisten, die nicht von Linken unbesehen, dafür aber umso begeisterter nachgeplappert wird. Die Linke erweist sich – nicht nur hier – als unfähig zur Analyse, als medien- und staatsgläubig. Sie ist die linke Flankendeckung bürgerlicher Politik.

Auf die heutige Linke trifft leider der Satz von Alexander von Humboldt zu, der sagte: „Die gefähr­lich­ste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.“